
Es war ein ruhiger Sonntagnachmittag. Der Duft von Apfelkuchen lag im Wohnzimmer, die Familie hatte sich um den großen Esstisch versammelt. Die Mutter schenkte Kaffee nach, schlicht gekleidet, eher unauffällig, aber mit einer sportlichen Ausstrahlung. Der Vater blätterte in der Zeitung – schmal gebaut, ein Bürohengst wie er im Buche stand.
Auf dem Sofa saßen Mara und ihre beste Freundin Kira. Beide sechzehn, beide sportlich – doch Kira wirkte noch ein Stück kräftiger, mit straffen Armen und der Selbstsicherheit einer, die weiß, dass sie im Sport etwas kann. Sie redeten aufgeregt durcheinander, noch voller Energie vom Sportfest.
„Und dann hab ich beim Armdrücken sogar den Sportlehrer fast besiegt!“, prahlte Kira lachend und hob den Arm, als wolle sie ihre Worte untermauern. Unter der Haut zeichnete sich ein fester Bizeps ab, deutlicher als man es bei einem Mädchen ihres Alters erwartet hätte. Mara lachte und nickte, während die Mutter schmunzelte und der Vater so tat, als würde er weiter in die Zeitung schauen.
Es war einer dieser Nachmittage, an denen scheinbar nichts Besonderes geschah – bis aus einem Scherz am Esstisch plötzlich mehr wurde, als alle erwartet hatten. Mara legte den Kopf schief und grinste verschmitzt. „Papa, das wäre doch was für dich.“
Der Vater senkte die Zeitung, sah erst seine Tochter an, dann Kira. „Ach Unsinn. So ein Vergleich wäre albern und völlig unfair.“
„Komm schon!“ rief Mara lachend. „Nur ein einziges Mal.“
„Ja, trau dich!“ stimmte Kira ein und klopfte erwartungsvoll auf den Tisch.
Die Mutter stellte die Kaffeekanne ab, seufzte und schüttelte leicht den Kopf. „Ihr habt Ideen…“ murmelte sie, ehe sie wieder Richtung Küche ging.
Der Vater zögerte kurz, dann legte er die Zeitung beiseite. „Na gut… aber nur, damit ihr Ruhe
gebt.“ Seine Stimme klang betont souverän, doch ein kleiner Funken Neugier blitzte in seinen
Augen. Der Vater setzte sich an den Tisch, verschränkte die Finger und wartete. Kira grinste breit, schob ihren Stuhl heran und legte den Arm hin. „Bereit?“ fragte sie, voller Energie.
„Immer,“ erwiderte er mit einem selbstsicheren Tonfall. Nach außen wirkte er gelassen, souverän – der Erwachsene, der gegen eine Sechzehnjährige antrat. Aber in seinem Inneren war da ein kleiner Funken Respekt. Das Mädchen war sportlich, das hatte er gesehen. Doch am Ende war er ein Mann, und das musste reichen.
„Los!“ rief Mara und gab das Startsignal.
Zuerst passierte nichts. Beide hielten die Spannung, die Ellenbogen fest auf dem Tisch, die Hände ineinander verschränkt. Der Vater drückte, nicht sofort mit voller Wucht, aber kräftig genug, dass Kira spüren sollte, wer hier der Stärkere war. Doch zu seiner Überraschung hielt sie problemlos dagegen. Kein Zittern, kein Wanken – ihre Hand blieb wie festgeklebt in der Mitte.
Er erhöhte den Druck, spannte den Arm an. Muskeln, die er sonst im Büro kaum brauchte, brannten auf. Doch Kira grinste nur, biss sich auf die Lippe und schob plötzlich ein kleines Stück nach vorn. Seine Augen weiteten sich unmerklich.
„Na los, Papa!“ rief Mara kichernd. „Gib alles!“
Er wollte souverän bleiben, also presste er die Lippen zu einem leichten Lächeln und stemmte sich weiter hinein. Aber Kira ließ nicht locker. Zentimeter für Zentimeter kippte sein Handgelenk abwärts. Er merkte, wie sein Atem schneller ging, wie die Sehne im Ellenbogen spannte. Und dann – mit einem dumpfen Klack – lag seine Hand auf der Tischplatte.
Kira riss sofort den Arm in die Höhe, sprang beinahe auf. „Ja! Ich hab gegen einen Mann gewonnen!“ Ihre Stimme hallte durchs Wohnzimmer, voller Stolz, voller unbändiger Freude. Mara klatschte in die Hände, Tränen vor Lachen in den Augen. „Das war unglaublich, Kira!“
Der Vater lehnte sich zurück, schüttelte gelassen den Kopf und zog ein ironisches Lächeln. „Na klar. Glückwunsch zum Sieg.“ Sein Ton war locker, beinahe gönnerhaft – als hätte er die Kontrolle behalten und das Ergebnis nur zugelassen. Die Mutter, die kurz aus der Küche hereinsah, hob erstaunt die Augenbrauen. „Schon vorbei? Das ging ja schnell.“ Sie schenkte sich ein, überzeugt, dass er Kira absichtlich hatte gewinnen lassen und verschwand wieder.
Doch der Vater spürte die Hitze im Arm, die brennende Wahrheit unter der Haut: Er hatte nicht gespielt. Er hatte verloren.
Kira ließ den Arm sinken, ihre Wangen glühten. „Und das,“ sagte sie keck, noch immer außer Atem vor Aufregung, „war nicht mal mein Maximum.“
Mara kugelte sich fast vor Lachen. „Papa, das musst du zugeben – das war stark!“
Der Vater lächelte dünn, strich sich unauffällig über den Arm, als wolle er nur die Spannung lösen.
„Ja, Kira hat Kraft, da habe ich keinerlei Chancen.“ Seine Stimme klang stark ironisch. Doch in seinem Inneren nagte der Zweifel.
Mara beugte sich vor, ihre Augen funkelten. „Dann bist du doch sicher bereit für Runde zwei. Diesmal gegen mich.“
Der Vater schüttelte den Kopf und griff wieder nach der Zeitung. „Ach nein, das reicht jetzt. Einmal Spaß fürs Publikum muss genügen.“
Mara zog eine Schnute, beugte sich vor. Ihre Augen glänzten, voller Erwartung. „Nur ein einziges Mal, bitte.“
„Nein, nein“ entgegnete er betont gelassen, ohne aufzusehen. „Mein Arm ist noch ganz taub von gerade.“
„Na und?“ mischte sich Kira ein, die noch immer vor Energie sprühte. „Dann sehen wir wenigstens, wer hier wirklich der Stärkste ist.“
Der Vater blätterte eine Seite um, doch er spürte die Blicke. Diese funkelnden Augen seiner Tochter, das leise Kichern der beiden Mädchen – und im Hintergrund die Mutter, die bestimmt schon mit einem Ohr lauschte.Er senkte die Zeitung, musterte Mara. Einen Moment hielt er stand, doch ihr erwartungsvolles Leuchten traf ihn wie ein Schlag.
Er seufzte leise, legte die Zeitung endgültig weg. „Na schön. Aber das ist jetzt wirklich das letzte Mal.“
Mara legte sofort den Arm auf den Tisch, ihre Augen glänzten vor Spannung.
Der Vater atmete durch, richtete sich etwas auf und ergriff ihre Hand. Ihre Finger waren schmaler als die von Kira, aber der Griff fest, sicher.
„Bereit?“ fragte sie leise.
„Wenn du meinst,“ erwiderte er, so gelassen wie möglich.
„Drei… zwei… eins!“ rief Kira, voller Energie.
Die Hände spannten sich. Einen Moment lang hielt alles die Balance, der Vater drückte kräftig, diesmal ernster als eben. Doch Mara hielt dagegen – nicht ungestüm, sondern kontrolliert, als hätte sie schon oft geübt.
Er erhöhte den Druck, seine Stirn blieb glatt, die Lippen zu einem dünnen Lächeln gezogen. Nach außen wirkte er souverän, im Inneren aber spürte er ein Ziehen im Arm, das ihn warnte. Mara zitterte leicht, aber sie wich nicht zurück.
„Na los, Mara!“ feuerte Kira sie an, klopfte begeistert auf den Tisch.
Die Küchentür ging auf. Die Mutter trat ein, eine Tasse in der Hand, sah kurz hinüber. „Was treibt ihr da schon wieder?“ fragte sie beiläufig.
„Armdrücken!“ rief Kira lachend. „Jetzt ist Mara dran!“ Die Mutter lächelte müde. „Ach Kinder…“ Sie wollte schon wieder zurück in die Küche – doch blieb noch einen Augenblick stehen, als die Hände sich immer weiter neigten.
Der Vater presste fester zu, seine Schulter spannte, der Unterarm pochte. Aber Mara ließ nicht locker. Zentimeter für Zentimeter kippte sein Handgelenk abwärts. Sie biss sich auf die Lippe, und in ihren Augen funkelte eine Mischung aus Anstrengung und Triumph.
„Schon vorbei?“ fragte die Mutter amüsiert, gerade als die Hände fast unten waren. Sie klang überzeugt davon, dass er nur mitspielte.
Dann das dumpfe Klacken – seine Hand lag unten.
Mara riss sofort den Arm hoch, jubelte laut: „Ich hab’s geschafft! Ich hab Papa besiegt!“ Kira sprang auf, klatschte in die Hände. „Unglaublich! Erst du, dann ich – wir sind unschlagbar!“
Die Mutter schüttelte den Kopf, nahm ihre Tasse und verschwand wieder. „Lasst ihn doch auch mal gewinnen,“ murmelte sie mit einem Lächeln.
Die Mädchen lachten noch, als plötzlich Kiras Handy vibrierte.
„Oh Mist, ich muss nach Hause,“ sagte sie und griff nach ihrer Jacke. „Meine Mutter will, dass ich noch was erledige.“
Mara sprang sofort auf. „Dann geh ich mit – meine Tasche liegt ja sowieso noch bei dir.“
Die beiden riefen ein schnelles „Bis später!“ ins Wohnzimmer und waren im nächsten Augenblick schon durch die Tür verschwunden.
Zurück blieb Stille. Nur das Ticken der Wanduhr und der süße Duft nach Apfelkuchen erfüllten den Raum.
Der Vater saß am Tisch, den Arm schwer auf der Lehne, als brenne er noch immer. Seine Finger zitterten kaum merklich, doch er zwang sich zur Ruhe, atmete langsam durch. Da betrat die Mutter wieder das Zimmer. Mit der Kaffeetasse in der Hand stellte sie sich neben ihn, ein kleines Lächeln auf den Lippen.
„Das hast du wirklich gut gemacht,“ sagte sie sanft. „So überzeugend hättest du den Verlierer gar nicht spielen müssen.“
Er hob den Blick, wollte reagieren – doch die Worte blieben ihm im Hals stecken. Er nickte nur schwach, während in seinem Inneren noch immer die Niederlagen nachhallten.
„So ernst, wie du geguckt hast,“ fuhr sie fort und nahm einen Schluck Kaffee, „das hat den beiden bestimmt echt gewirkt.“
Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter, fast zärtlich. „Respekt. Du bist ein besserer Schauspieler, als ich gedacht hätte.“
Ein schwaches Lächeln huschte über sein Gesicht, doch in seinen Augen lag Leere. Die Mutter kicherte leise, schüttelte den Kopf und stellte die Tasse ab. „Weißt du was? Eigentlich hätte ich auch mal Lust, das auszuprobieren.“ Sie rieb sich spielerisch die Hände. „Komm, nur zum Spaß. Einmal Armdrücken, Mann gegen Frau.“
„Nein,“ kam es von ihm, härter als beabsichtigt. Er richtete sich auf, schüttelte den Kopf. „Das ist albern. Brauchen wir nicht.“
Sie hob überrascht die Augenbrauen, dann schlich sich ein prüfendes Grinsen auf ihr Gesicht. „Ach ja? So wild wehrst du dich? Jetzt machst du mich erst recht neugierig.“
Er schwieg, wich ihrem Blick aus.
Doch sie blieb stehen, die Arme locker verschränkt.
Sie hob eine Augenbraue, das Funkeln in ihren Augen ließ nicht locker. „Ach komm. Du hast dich eben mit zwei Sechzehnjährigen eingelassen. Aber mit deiner Frau? Da kneifst du?“
Ihr Tonfall blieb spielerisch, doch darunter lag etwas Neues – Neugier, die er nicht wegdiskutieren konnte.Er wollte kontern, doch die Worte blieben ihm im Hals stecken. Schon legte sie den Ellenbogen auf den Tisch, die Hand ausgestreckt. „Na los. Einmal. Nur wir beide.“
Er starrte ihre ausgestreckte Hand an. Ein Teil von ihm wollte lachen, das Ganze abtun – wie sollte er gegen seine eigene Frau verlieren? Sie war schlank, unauffällig, die Mutter seiner Tochter. Kein Vergleich zu Kira oder Mara, die noch voller jugendlicher Energie steckten. Und doch… in seinem Bauch nagte ein Gedanke, den er nicht loswurde: Was, wenn?
Er schüttelte den Kopf, als könne er die Vorstellung wegwischen. Unsinn. Er war ein Mann, er war erwachsen, er konnte sie gar nicht verlieren lassen – sonst wäre es peinlich. Aber genauso peinlich wäre es, wenn er versagte.
Mit einem Ruck schob er den Stuhl dichter heran, legte den Ellenbogen auf den Tisch und verschränkte widerwillig die Finger mit ihren. Ihre Hand fühlte sich fest an, wärmer, stärker, als er erwartet hatte.
„Bereit?“ fragte sie ruhig.
„Natürlich,“ antwortete er, bemüht souverän, doch seine Kehle war trocken.
Sie gaben das unsichtbare Startsignal. Er drückte sofort kräftig, wollte jeden Zweifel im Keim ersticken. Der Tisch knarzte, seine Muskeln spannten sich. Doch ihr Arm bewegte sich keinen Millimeter. Kein Zittern. Nichts. Ein kalter Stich durchzuckte ihn. Das war nur der Anfang, redete er sich ein. Gleich würde sie nachgeben. Aber Sekunden vergingen, und sie hielt unbeirrbar stand. Er erhöhte den Druck, zog mit Schulter und Rücken nach. Sein Gesicht spannte sich, Schweiß trat auf die Stirn. Doch ihr Blick blieb ruhig, fast neugierig – und ihre Hand rührte sich nicht.
Was passiert hier gerade? hämmerte es in seinem Kopf. Das darf nicht sein. Sie ist meine Frau. Sie kann nicht…Doch sie konnte. Zentimeter für Zentimeter kippte sein Handgelenk nach unten. Panik stieg in ihm auf, heiß und schneidend. Er warf alles hinein, jeden Rest an Kraft, bis seine Muskeln zitterten und das Blut in den Schläfen pochte.
Und trotzdem – unaufhaltsam – neigte sich seine Hand weiter. Sein Herz raste, seine Gedanken schrien: Nein! Nicht sie! Nicht so!
Dann, mit einem dumpfen Klack, traf seine Handfläche die Tischplatte.
Er keuchte, unfähig, die Augen zu heben. In ihm wirbelten Scham, Unglaube, Panik. Die Mutter löste den Griff, richtete sich auf und grinste. „Siehst du? Ich hab’s ja gewusst. Ich bin stärker.“ Sie hob spielerisch den Arm, spannte ihn leicht an, stolz wie ein Kind, das gerade einen Wettlauf gewonnen hat.
Der Vater wich ihrem Blick aus, schüttelte den Kopf, doch sie ließ sich nicht beirren. „Aber komm schon – das war doch nicht ernst. Du hast mich gewinnen lassen.“
„Unsinn“, murmelte er, versuchte seine Stimme ruhig zu halten.
„Doch“, beharrte sie, und in ihrem Ton lag plötzlich mehr Ernst. „So schnell besiege ich dich nicht. Du hast locker gelassen. Und das will ich nicht.“ Sie verschränkte erneut die Finger, legte den Arm wieder auf den Tisch. „Noch mal. Diesmal richtig. Ohne Theater.“
Er wollte abwehren, doch ihr Blick ließ keinen Raum. Da war Stolz, da war Neugier – und der feste Wille, die Wahrheit zu erfahren.
„Na los“, sagte sie leise. „Diesmal will ich es wissen.“ Diesmal kein Grinsen, kein Neckspiel. Ihre Augen waren ernst, fast fordernd. „Los.“
Er atmete tief durch, schob den Stuhl näher heran. Ein kurzer Blick auf ihre Hand, dann verschränkte er die Finger mit ihren. Ihre Haut fühlte sich warm an, fest, und doch war da nichts, woran er ihre wahre Kraft hätte ablesen können. Ihr Hoodie fiel weit über den Arm, verhüllte jede Spur von Muskel oder Spannung.
Diesmal wollte er es nicht auf sich beruhen lassen.
Diesmal würde er zeigen, dass er mehr war als der schmale Bürohengst, für den sie ihn hielt.
„Bereit?“ murmelte er.
„Los“ erwiderte sie.
Ihre Ellenbogen standen wie verankert auf dem Holz, ihre Finger verschränkt, der Tisch knarzte leise unter dem Druck.
Er begann sofort kräftiger, spürte, wie sein Arm sich anspannte, die Sehne am Ellenbogen brannte.
Sein Blick verengte sich, seine Stirn glänzte vom Schweiß. Dies war kein Spiel mehr. Dies war ein Kampf.
Sie hielt dagegen – ruhig, konzentriert, ohne ein Anzeichen von Überlastung. Und doch merkte sie sofort: Diesmal gab er alles. Da war kein Zurückhalten, kein Gentleman-Reflex. Jeder Nerv in seinem Körper spannte sich, und sie spürte es in ihrem Griff, in der Härte, mit der er drückte.
Für einen Moment schwankte die Mitte. Ihr Handgelenk kippte kaum sichtbar, er gewann einen Hauch von Vorteil. Seine Augen blitzten, die Kieferknochen pressten sich zusammen, er zog mit Schulter und Rücken nach.
Sie atmete tief ein, ließ den Arm nur stabil bleiben, ohne Druck nachzugeben. Innerlich kämpfte sie ebenso: nicht gegen ihn, sondern gegen die Tatsache, dass er alles gab – und sie ihn trotzdem halten konnte. Sie könnte jetzt einen Ruck setzen, ihn binnen Sekunden auf den Tisch zwingen. Doch etwas in ihr hielt sie zurück. Sie wollte nicht, dass er gedemütigt da saß.„Gut,“ murmelte sie leise, fast anerkennend. „Sehr gut.“
Sein Gesicht verzog sich, die Sehne trat hervor, der Schweiß rann über seine Schläfen. Er hörte ihre Stimme kaum. Alles, was er spürte, war der Widerstand – unerschütterlich, unbeweglich, so als drückte er nicht gegen einen Arm, sondern gegen eine Wand.
Sekunden dehnten sich. Seine Muskeln begannen zu zittern, die Kontrolle entglitt ihm, und trotzdem stemmte er sich weiter, mit jedem Rest, den er hatte. Er wusste, dass sie nicht nachgab. Er wusste, dass sie ihn hielt.
Sie sah es in seinen Augen. Das Eingeständnis, unausgesprochen, aber klar: Er hatte nichts zurückgehalten. Langsam, ganz langsam, setzte sie mehr Druck ein. Keine plötzliche Bewegung, keine Brutalität – nur ein gleichmäßiges, unvermeidliches Schieben. Millimeter für Millimeter kippte seine Hand zurück. Sein Arm zitterte, der Atem ging stoßweise, und wieder klatschte seine Hand kraftlos auf das Holz.
Sie löste sofort den Griff, als wolle sie die Schwere des Augenblicks brechen. Er ließ den Arm sinken, keuchend, unfähig, ihr in die Augen zu sehen. „Du hast alles gegeben,“ sagte sie ruhig, fast sanft. „Das hab ich gespürt.“
Seine Hand lag noch auf der Tischplatte, kraftlos, die Finger verkrampft. Er starrte auf ihre, dieeben noch unbeweglich dagegengehalten hatte. Sein Atem ging stoßweise, er fühlte, wie die Röte aus seinem Gesicht wich und nur noch ein dumpfes Pochen im Arm blieb. „Ich… ich wusste nicht, wie stark du bist,“ brachte er schließlich hervor. Seine Stimme war rau, gebrochen zwischen Erschöpfung und Unglauben.
Sie sah ihn lange an, ohne Spott, ohne Hohn. „Vielleicht,“ sagte sie leise, „hast du nie hingeschaut. Nicht wirklich.“
Dann griff sie an den Saum ihres Hoodies, zog ihn mit einer ruhigen Bewegung aus und legte ihn beiseite. Im schlichten T-Shirt blieb sie sitzen.
Da fiel ihm auf, was er nie so wahrgenommen hatte: Die Muskeln, die eben im Kampf unnachgiebig gegen ihn gearbeitet hatten, zeichneten sich deutlich ab. Kein übertriebener Körper, sondern klar geformte Arme, in denen noch immer Spannung lag. Linien, die er nie ernstgenommen, nie gedeutet hatte – bis jetzt.
Sie hob den Arm, beugte ihn leicht. Der Bizeps trat unter der Haut hervor, rund, straff, kein Zufall, sondern Ergebnis all der Jahre, in denen sie selbstverständlich stark gewesen war – ohne dass er es je sehen wollte.
Er starrte, unfähig, den Blick abzuwenden. Alles, was er im Kampf gespürt hatte, bekam nun ein Bild.
Der Vater rieb sich den rechten Arm, der immer noch kribbelte. Die Muskeln spannten nach, als hätte er zu lange einen schweren Koffer getragen. Er zwang sich, locker zu wirken, lehnte sich im Stuhl zurück, doch sein Blick wich nicht von seiner Frau.
Sie strich sich langsam eine Haarsträhne hinters Ohr, noch immer leicht außer Atem, aber mit einem Glanz in den Augen, der neu war. Zwischen Stolz und Verwunderung. „Komisch…“ murmelte sie und schüttelte den Kopf. „Ich wusste gar nicht, dass ich so viel Kraft habe.“
Er zwang ein Lächeln. „Und ich wusste nicht, dass du so… unterschätzt bist.“ Seine Stimme klang heiserer, als er wollte.Sie lachte kurz, nicht spöttisch, sondern ein bisschen ungläubig.
„Na los,“ sagte er plötzlich und legte den linken Arm auf den Tisch. „…probieren wir’s mit links.“
Sie blinzelte überrascht. Für einen Moment zögerte sie – dann schob sie die Ärmel ihres Hoodies hoch und zog ihn über den Kopf. Darunter kam ein schlichtes Shirt zum Vorschein, enger geschnitten, und erst jetzt konnte er sehen, wie klar ihre Arme geformt waren. Kein weiches Ratespiel mehr, sondern deutliche Linien. „Damit du’s nicht für Zufall hältst,“ meinte sie leise und legte ihren linken Arm hin. Ihre Hände fanden sich, warm, trocken, vertraut.„Bereit?“ fragte sie. Er nickte, der Hals trocken.
Das Startsignal gab sie mit einem kaum hörbaren „Los.“
Er stemmte sich hinein, härter als zuvor, voller Wucht. Er wollte, dass sie spürte, wie ernst er es meinte. Seine Sehne spannte sofort, der Tisch knarzte, sein Gesicht verzog sich.Sie hielt. Ihr Ellenbogen blieb wie verankert, ihre Hand ruhig, ihr Blick fest auf seinen gerichtet.
Kein Zucken. Nur dieses ruhige Atmen. Er knurrte leise, warf alles hinein, sein ganzer Körper beugte sich vor. Millimeter für Millimeter brachte er sie an die Kante – doch dann stoppte sie, fing ab, verankerte neu. Seine Augen weiteten sich, als er spürte: sie hatte immer noch Reserven.
„Jetzt machst du ernst,“ hauchte sie, und in ihrer Stimme lag kein Spott – nur ein leichtes Staunen. Er biss die Zähne zusammen, Schweiß rann ihm die Schläfen hinab. „Alles,“ keuchte er, „mehr hab ich nicht.“
Ihre Lippen zuckten kaum merklich. Dann spannte sie an. Unter ihrer Haut wölbte sich der Muskel, rund und fest, als hätte sie ihn all die Jahre verborgen. Sein Blick klebte daran, ungläubig, als sähe er zum ersten Mal, wer da wirklich an seiner Seite saß.
Langsam, kontrolliert, schob sie ihn zurück. Zentimeter für Zentimeter, ohne Hast, ohne Härte – aber unaufhaltsam. Sein Arm bebte, sein Rücken stemmte sich, doch es war zwecklos.
Mit einem dumpfen Klack landete seine Hand auf dem Holz.
Er keuchte, der Atem schwer, das Gesicht rot. In seinen Augen lag ein Sturm aus Scham, Staunen – und etwas Tieferem, das er selbst nicht fassen konnte.
Sie ließ sofort los, schüttelte die Finger aus und sah ihn lange an. Keine Arroganz, kein Hohn. Nur dieses Funkeln, das verriet, dass sie selbst kaum fassen konnte, was gerade geschehen war.
„Das bleibt unser kleines Geheimnis,“ sagte sie schließlich, ihre Stimme weich, fast verschwörerisch. „Niemand muss je erfahren, wie das ausgegangen ist.“
Sie legte ihre Hand sanft auf seine, drückte leicht. „Zwanzig Jahre… und trotzdem entdecke ich noch Neues an dir. Und an mir.“Er nickte stumm, unfähig, Worte zu finden. Aber in ihm brannte etwas, das stärker war als jede Niederlage: das Gefühl, dass diese Frau mehr war, als er je geahnt hatte.